Verehrte Leserin, verehrter Leser,
bisher nutzte ich dieses Blog ausschließlich für Themen rund um die eigene Musik. Heute mache ich eine Ausnahme. Und zwar um Dir die Reportage „Nie wieder Fleisch?“ zu empfehlen, die ich am Dienstag auf Arte angeschaut habe und die auf Arte+7 bis nächsten Dienstag für Dich bereit steht (meine Western-Grafik führt Dich zur Themenseite auf Arte-Future):
Weshalb ist dieses Thema auf septemberleaves.com?
Die Antwort ist einfach: In den Texten von September Leaves beschäftige ich mich schon immer mit Themen, die mir nahe gehen. Gesprochen oder geschrieben habe ich über die Inhalte allerdings nie öffentlich. Wieso eigentlich nicht? Es könnte daraus ein Dialog entstehen, der für uns beide spannend ist. Stell Dir vor wir kämen ins Gespräch über Songs und über Orte und Situationen, in denen sie Dir wichtig wurden. Das fände ich ziemlich interessant.
Ich glaube, wir tragen eine Verantwortung, Du und ich. Denn eigentlich – Achtung, das klingt jetzt pathetisch – kann jeder Erdenbürger eine Kleinigkeit zu einem friedlicheren Umgang mit diesem Planeten und seinen Lebewesen beitragen. Und ich glaube, dass wir all unseren Ohnmachtsgefühlen zum Trotz etwas bewegen können.
Es geht nicht darum, alle Tatsachen genau zu prüfen und alle Quellen und Hintergründe zu kennen. Wenn Du mich fragst reicht es schon aus, sensibel zu sein für die eigene Umgebung. Möglicherweise ist Dir dieses Thema gar nicht so wichtig und Du bist schon engagiert in anderen Bereichen (z.B. fair gehandelte Konsumgüter, Nachbarschaftshilfe, etc.). Möglichkeiten für konkretes Handeln gibt es viele.
September Leaves und tote Tiere
Seit drei bis vier Jahren beschäftigt mich das Thema der Dokumentation. Auslöser waren Bilder von diversen Fleischfabriken (denen aus dem Film ähnlich) und die Lektüre des Buches „Tiere Essen“ von Jonathan Safran Foer (das Hörbuch lief damals im Tourauto). Als erste Reaktion darauf begann ich, bewusster einzukaufen und verzichtete auf abgepacktes Fleisch vom Supermarkt. Der Plan war vorerst, nur noch „gutes Fleisch“ von lokalen Bauernhöfen zu konsumieren. Da beim Metzger die Preise noch etwas realistischer sind reduzierte ich meinen Verzehr, schon allein um Geld zu sparen (ich verzichte hier bewusst auf stereotypische Anmerkungen zu meiner schwäbischen Herkunft).
Während eines Einkaufs fragte ich beim Verkäufer nach dem Ursprung der von ihm angebotenen Tierteile, woraufhin er nach einer kurzen Recherche im Hinterzimmer auf einen Schlachthof bei Frankfurt verwies. Damals lebte ich in Karlsruhe, ganze 140 Kilometer südlich von Frankfurt. Die Mär von der glücklichen Kuh auf der Weide von nebenan zerbrach in diesem Moment. Ich entschloss, unter diesen Umständen vollends auf Fleisch zu verzichten. Auch auf das in Maultaschen.
Nach mehr als zwei Jahren Verzicht lebe ich immer noch. Gefehlt hat mir Fleisch seither nicht. Eine kurze Zeit lebte ich auch vegan und denke seit kurzem wieder darüber nach. Es gibt glücklicherweise viele und auch sehr köstliche Alternativen zu Tierprodukten. Die Kreativität in der Küche hat jedenfalls zugenommen. Ich selbst dagegen nicht.
- Was löst die Dokumentation bei Dir aus?
- Hast Du den Eindruck, Vegetarier müssen andauernd über ihre Ernährung sprechen?
- Denkst Du an ein Tier, wenn Du ein Stück Fleisch oder Wurst siehst?
- Wenn Du Dich auch fleischlos ernährst: wie kam’s bei Dir dazu?
Schreibe mir eine Nachricht oder einen Kommentar. Ich freu mich auf Deine Gedanken.
„Nach mehr als zwei Jahren Verzicht lebe ich immer noch“ – herrlicher Satz! Bei mir sinds im September dann vier Jahre und ich kann dir sagen, auch ich habe nie groß was vermisst seither. Ich hab die Doku noch nicht geschaut, werde dies aber auf jeden Fall noch tun. Ich kam über die Musik erst auf die Idee, mich mit dem Thema zu beschäftigen (Rise Against z.B.) und Foers Buch hat mich in meinem Essverhalten noch einmal bestärkt – deshalb finde ich einen Diskurs zu dem Thema mit der Musik als Grundlage auf keinen Fall verkehrt. Was mir in den vier Jahren aufgefallen ist: Ich selbst nehme mich eigentlich immer weniger als Vegetarier war, es ist einfach so selbstverständlich für mich geworden, dass ich nicht mehr darüber nachdenke und es auch nicht zum Thema mache. Die, die darüber reden sind zum einen die „anstrengenden“, militanten Vegetarier/Veganer sowie auf der anderen Seite Menschen, die sich durch meine Lebensweise regelrecht angegriffen fühlen und auch immer irgendwie meinen, sich verteidigen zu müssen – dabei ist es mir relativ egal, solange jeder jeden essen lässt, was man möchte. Die beiden genannten Gruppen sind aber eigentlich immer diejenigen, die andere Lebensweisen nicht akzeptieren können, was auch schon zu regelrechten Streitereien ausgeartet ist. Diese Diskussionen laufen dann immer nach dem selben Schema ab („Aber Fisch isst du schon, oder?“), weshalb ich es mittlerweile leid bin, überhaupt darauf einzugehen.. umso wichtiger, dass es einen vernünftigen Diskurs gibt und Leute, die sich auf vernünftige Art und Weise damit auseinandersetzen möchten!
Fabi, danke für Deinen Beitrag. Gute Punkte. Vor allem der Gedanke der Selbstverständlichkeit gefällt mir. Das wird sich nach und nach sicher noch mehr durchsetzen. Ich hoffe, dass der Diskurs hier auch weiterhin so vernünftig stattfindet ;)
So, nun meldet sich ein Fleischesser zu Wort. Ja, ich habe den Eindruck viele Vegetarier reden gerne über ihre Ernährung. Es ist ja auch ein gutes Thema, da ein Vegetarier sich ein paar Gedanken mehr machen muss, um den Verzicht zu üben. Als Fleischesser habe ich es bequemer, da ich auf nichts verzichten will und es für mich nur die Grenzen meines Geschmacks gibt. Ich bin kein exorbitanter Fleischesser und wirklich überzeugt bin ich weder vom puren Vegetarismus noch vom zwanghaften und regelhaften Fleischkonsum.
Ernährung ist doch letztlich die Frage: Wie werde ich satt und was schmeckt mir dabei? Alle anderen Fragen folgen erst danach. Das klingt jetzt sehr nach „ich stopf alles in mich rein“, aber ich denke man muss sich auch bewusst machen, dass es eine gewisse Form des heutigen, westlichen Luxus ist.
Anfang diesen Jahres habe ich ausprobiert fleischlos zu leben; das ging 3 Monate sehr gut, ohne Probleme. Aber irgendwann kam die Bequemlichkeit zurück, nicht immer an größeren Tischen die Sonderrolle einzunehmen und auch die Dinge, die man vorher genossen hat, nun wieder bewusster zu essen. Die Frage, die sich mir seit dieser Zeit immer wieder stellt, ist unter anderem „Warum sollen wir keine Tiere essen, wenn dies in einem Rahmen geschieht, der tragbar ist?“
… und ich sehe das Tier im Fleisch, das ich konsumiere. Durch meine ländliche Herkunft bin ich damit aufgewachsen, dass diese Tiere, die dort gehalten wurden, letztendlich irgendwann bei uns auf dem Herd gekocht wurden. Für mich ist das eine Art natürlicher Kreislauf, was aber nichts mit der industriellen Massentierhaltung zu tun hat. Immer wieder bin ich darüber entsetzt und noch viel mehr über die stille Akzeptanz bzw. Leute, die sagen, dass sie diese Bilder lieber nicht sehen wollen und bei Lidl das nächste Steak kaufen…
Nun gut, ich esse Fleisch, versuche es aber in einem Rahmen zu halten, den ich leider noch nicht richtig definiert habe. Ich habe aber gemerkt, das Essverhalten zu ändern hat viel mit Gewohnheit und mit dem Umfeld, das einen beim Essen begleitet, zu tun.
Soweit meine Gedanken, die ich doch etwas sprunghaft formuliert habe, aber ich wollte mich als Fleischesser hier noch zu Wort melden.
Jo, vielen Dank für Deinen Kommentar. Freut mich, dass Du hier die Sicht eines Fleischessers vertrittst. So wird das hier etwas bunter. Wie es aussieht hast Du Dich mit dem Thema auch schon näher beschäftigt. Und darum geht es mir ja in erster Linie: zu hinterfragen, was auf unserem Teller liegt. Wie dann der Einzelne mit dem Ergebnis umgeht bleibt seine Sache.
Zum Vergleich Stadt/Land: gibt es diesen „tragbaren Rahmen“ auf dem Land wirklich noch? Ich kann mich erinnern, dass mein Großvater sich Hausschweine hielt. Das war damals wohl üblich. Die Tiere wurden nach einer gewissen „Nutzzeit“ zum Schlachter gebracht (teilweise bei Privatleuten in der Garage) und das Fleisch wurde dann innerhalb der Familie und den Bekannten aufgeteilt. Ob die Tiere damals „glücklicher“ waren weiß ich nicht. Zumindest war sich aber jeder bewusst, welches Leben das Tier hatte, bevor es auf den Grill kam. Das ist offenbar immer noch die Vorstellung von vielen, die auf dem Land aufwuchsen.
Zugegeben, ich bin da schlecht informiert, aber ist es nicht so, dass es durch hohe Auflagen und Hygienevorschriften gar nicht mehr so einfach ist, sein eigenes Tier zu halten? In meiner Vorstellung bringt der Bauer die Tiere zum Schlachthof. Spätestens dort läuft alles mehr oder weniger nach „industriellem Standard“. Jemand der es besser weiß, möge mich korrigieren.
Inzwischen glaube ich, dass es in der Stadt einfacher ist, Fleisch direkt zu beziehen. Es entstehen Kooperativen, die mit Bio-Bauernhöfen im Umland in Kontakt sind und sie durch Sammelbestellungen (sowohl von Fleisch als auch von Gemüse) sehr gut unterstützen. Auf diese Weise haben beide was davon. Vielleicht kennst Du Dich auf dem Land besser aus als ich und kennst so eine Zusammenarbeit auch von dort. Das würde ich mir gerne ansehen. Vielleicht zieht es mich dann doch irgendwann wieder aufs Land, hehe…